Monat: Oktober 2009

Von Bloghütten und Treppenhäusern

„Na, keinen Durchblick?“

Erschrocken fahre ich auf meinem Holzstuhl herum und schlage dabei hart mir dem Ellenbogen an die Tischkante.
Hinter mir steht eine Frau mit Blümchenmusterschürze und Kopftuch, in der Hand einen Staubfeger, den sie in Richtung meines Bildschirms streckt.

„Und wer sind Sie?“ frage ich, während ich meinen schmerzenden Ellenbogen massiere.
„Tabea Wetterwald. Raumpflegerin. Wohne seit gestern unterm Dach und wollte mal sehen, ob hier unten vielleicht meine Hilfe gebraucht wird.“
„Ich dachte, unser Hausmeister der Herr …“

„Ja, schon, ich bin auch mehr so für die vernetzten Räume zuständig, Treppenhaus und Blogghütte, Sie verstehen?“
Nein ich verstehe gar nichts, schliesslich erwarte ich um zwei Uhr nachts nicht unbedingt Besuch von einer wildfremden Person, die mit ihrem Staubwedel in meiner Bloghütte mal eben aufräumen will.

Sie zieht sich ein Streifchen Papier aus dem Inneren ihrer Schürze und schüttelt etwas Tabak aus dem Ärmel.
In Null-Komma-nix hat sie sich eine Kippe gedreht und steckt sie sich in den Mundwinkel.
„Hei, hier wird nicht geraucht!“
„Macht nix, kaue ich halt drauf rum.“
Kommt mir irgendwie bekannt vor …
„Und, was is nu mit Aufräumen?“
„Ich verstehe nicht …“

„Kennen Sie Frau Zappadong? Eben. Sie sollten sich mal ansehen, wie deren Treppenhaus jetzt aussieht. Also der Mr Doorman …“
Ach, den kennt sie auch, jetzt wird’s langsam unheimlich.
„… also Mr Doorman hat mit erzählt, sie hätte da letzte Woche so richtig doll aufgeräumt, da ist jetzt so richtig viel Platz für ihre wirklich wichtigen Fowlers.“
„Followers“, korrigiere ich sie automatisch.
„… oder so. Jedenfalls sieht man da jetzt wieder mehr so die interessanten Leute.“
Ich seufze und sie nickt wissend.

„Eben, sehen Sie, also auf was warten Sie noch?“
Sie setzt sich neben mich und stützt sich auf ihren Staubwedel.
„Wann benutzten sie das letzte Mal das Treppenhaus?“
Ich dachte kurz nach, doch Frau Wetterwald war einen Tick schneller.
„Dachte ich mir, ist ja auch mehr was für die „Immer-Online-Fraktion“. Überall stecken sie die Nase in ihre Patschfondinger und klatschen und tratschen … bla, bla. Kein echter Mehrwert. Und nachher muss ich immer den ganzen Dreck wegräumen, wobei so mancher gerne noch im Dreck gewühlt hätte. Und ordentlich Geld wollen die hier jetzt auch damit verdienen …“
Frau Wetterwald kaut nachdenklich auf ihrer Kippe herum und ihr Blick verliert sich im Hintergrundbild meines Desktops.

BodeständiX lässt sein Zeugs automatisch ins Treppenhaus raustragen“, sage ich, eigentlich nur, um die unangenehme Stille zu füllen.
„Hmm“, brummt Frau Wetterwald. „Feine Bloghütte, da steht schon am Eingang immer Kaffe bereit.“
„Ja, und in der Augenreiberei gibts immer so herrlich gut recherchierte Hintergrundhappen, bei Thinkabout die Amuse-bouches für die Seele und bei Lupe den satirischen Nachschlag.“
Ich gerate ins Schwärmen und Frau Wetterwald stützt sich wieder auf ihren Staubwedel.
„Sehen Sie? In den Bloghütten spielt die Musik. Soll ich morgen mal im Treppenhaus ein paar Plaudertaschen entsorgen?“
„Gerne. Kaffee?“
„Ja, bitte“, sagt Frau Wetterwald und verstaut ihre Kippe in der Schürze.

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slow down – take it easy

Haben Sie sie auch schon gesehen, die etwas düsteren Plakate, die auf den ersten Blick an einen Slow Up Event oder irgend ein Bar-Festival erinnern?

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Letzten Donnerstag nun wurde die Kampagne der Schweizer Unfallverhüter dazu lanciert. Die Printmedien berichteten dann am Freitag darüber.

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slowdown1(Quelle: „Der Bund“)

Auch wenn in meiner Tageszeitung zu diesem Thema der Headliner und die Bildlegende etwas unglücklich komponiert wurden, (Franky sitzt auf einem Motorrad und spricht damit junge Autofahrer an?) so ist die neue multimediale Kampagne „Slow Down, Take it Easy“ meiner Meinung nach eine runde gelungene Sache. Die Internetseite www.slow-n-easy.ch kommt frisch und ausgereift daher, bietet spielerisch allerhand Informatives rund um die Verkehrssicherheit, ohne gross mit dem Mahnfinger zu wedeln.

Auch wenn der Song und das Video von Franky Slow Down und der Gruppe „Da Sign & The Opposite“ etwas gar süss und easy daher kommt, so sind die beiden Sicherheitsspots meiner Meinung nach total gelungen.

Ich bin gespannt, was noch alles folgt, denn die Kampagne läuft zwei Jahre und kostete 6 Millionen Franken.

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Der "gerettet" Bund – kleines Fazit zum Relaunch

(via klartext.com)

(via klartext.com)

Nachdem „meine Tageszeitung“ nun irgendwie „gerettet“ wurde, war ich nach der ersten Ausgabe vom 15.10.2009 zunächst angenehm überrascht.

Freude:
Der Bund wirkt dank 5 Spalten aufgeräumter, hat den Kommentar immer noch auf der ersten Seite (was andere nicht geschafft haben), beinhaltet gut recherchierte Artikel, unter anderem von (dem eigentlich entlassenen?) Walter Däpp zum Gäbelbachumbau, oder lieb gewonnene Kolumnen wie die vom gar nicht so stillen Has Endo Anaconda. Auch der täglich mitgelieferte „kleine Bund“ als 4. Faszikel macht Freude.

Augenreiben:
Leider gibt es auch Wermutstropfen, zum Beispiel sind Kommentare nicht mehr so rasch wie vorher (durch die kursive Schrift) als solche erkennbar. Auch ist die zarte und enge Schrift in den die Artikel ergänzenden „Kästen“ kaum lesbar. (In meinem Alter brauche ich dazu eine 100 Watt Leselampe und  eine Kiosk-Leselupenbrille). Auch ist die Wetterseite so was von farblich überladen, dass man drei bis vier Mal hinschauen muss, wie denn nun das Wetter werden soll.

Ernüchterung:
Nach kurzem Überfliegen der heutigen Ausgabe beschleicht mich ein Gefühl der thematischen Ausdünnung. Belanglose Themen im Regionalteil und ein für mich nicht akzeptabler Lapsus: Die Wetterseite ist vom Samstag (!)
Obwohl die wichtigste Nebensache der Welt, da wurde eindeutig beim Redigieren geschlampt. Eine Folge des Kahlschlags in der Redaktion?

Ok, ich will jetzt hier nicht rummosern, auch Politiker werden erst nach 100 Tagen im Amt  beurteilt, obwohl manche allein für Absichtserklärungen bereits den Nobelpreis erhalten.
😉

Weitere Links zum Thema

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Alice Gabathuler – "Starkstrom" – eine Rezension

starkstrom

„I’m rolling thunder, pouring rain
I’m coming on like a hurricane“

Mit dieser einleitenden Textpassage aus Hells Bells von AC/DC beschreibt uns Alice Gabathuler bereits treffend ihren 15 jährigen Titelhelden aus ihrem neusten Roman „Starkstrom“, erschienen im Thienemann-Verlag 2009.

Die Familie Regenass wohnt in einem etwas abgelegenen Bergdorf, in dem nebst dem schrulligen alten Nachbarn mit Presslufthammer noch andere mehr oder weniger normale Zeitgenossen beheimatet sind. Jonas hat so seine eigenen Zukunftsvorstellungen, die sich weit von denen seines dominanten Vaters unterscheiden.

Mit aufgesetzten Kopfhörern zieht sich Jonas nach Streitigkeiten mit seinem Vater gerne in die Welt des Schwermetalls und Hardrock zurück. So hört er auch zuerst nicht, dass der Bach sein Bett verlassen, das halbe Dorf überflutet und den unteren Stock ihres Hauses in einen See verwandelt hat. Dieses Naturereignis reisst nicht nur Gräben zwischen und durch die Häuser, sondern auch alte, festgefahrene Strukturen in der Dorfgemeinschaft auf. Wir lernen den Vater als sturen Bock kennen, wie er sein überschwemmtes Heim „von Hand retten“ will, treffen auf etwas überforderte Gemeindevertreter wie Feuerwehr und Gemeindepräsident, die ungeschickt versuchen den bockendenVater Regenass aus dem nun einsturzgefährdeten Haus zu bewegen.

Jonas, der in den Augen seines Vaters eh zu nichts zu gebrauchen ist, muss plötzlich agieren wie ein Erwachsener. Er bringt seine kleine Schwester und ihr Schmusedingens Freddy in Sicherheit, muss mit ansehen wie seine Mutter vom Unglück gezeichnet in Apathie versinkt und er im ganzen Chaos versucht, nicht selber den Verstand zu verlieren.

Nach einer Nacht im Schutzraum bricht das zweite Unglück über Jonas  und sein Dorf herein. Presse, Funk und Fernsehen berichten live vom Geschehen, Gaffer fallen ein wie Heuschrecken und bringen die eh schon aus den Fugen geratene Welt von Jonas noch mehr ins wanken. Neben all den verwirrenden Gefühlen wie Wut, Hilflosigkeit, Verzweiflung und Verantwortungsdruck kommt ein neues in Form grüner Bergseeaugen hinzu. Jonas verliebt sich ausgerechnet in Lili, die …

Aber hier möchte ich jetzt nicht zuviel verraten und empfehle den rund 250 Seiten starken Roman selber zu lesen. Nur soviel sei gesagt, wer beim Happy End keinen Kanonendonner hört ist selber Schuld.

***

Anfänglich hatte ich etwas Mühe, die vielen Charakteren einzuordnen, und sie wurden erst mit fortschreitender Geschichte greifbarer.  Andere Mitwirkende dagegen blieben durch die ganze Geschichte hindurch nur Statisten, da  die Sichtweise und Gefühlswelt von Jonas, sowie später die Verstrickungen um Lili, den Hauptstrang bilden. Zur Mitte hin gewinnt die Geschichte eindeutig an Fahrt und der eingestreute Sarkasmus fördert das Lesevergnügen.

Leider wird die Auflösung zwischen dem Spannungselement Vater/Jonas  (für mich eigentlich ein zentrales Schlüsselelement) für meinen Geschmack etwas gar oberflächlich und hastig erzählt. Möglicherweise der Tribut für die etwas vielen Themen (Naturkatastrophe, Liebesbeziehung, Presse-Ethik, Familienzwänge, Sektenproblematik, Andersartigkeit, usw.) , die Alice Gabathuler versucht in der Geschichte unter einen Hut zu bringen. Die ganze Sache mit der Sekte wirkte für mich dann zum Beispiel schon fast zu überladen. Das hätte man eventuell zugunsten einer überschaubaren Schilderung der sich verschiebenden Kräfte im Familien- und Dorfgefüge weglassen können. Aber das ist Geschmacksache und könnte für einen andere(n) Leser(in) wiederum zentral sein.

***

Kurz und gut:
Neben den kleinen erwähnten Wermutstropfen hat mir das Buch gefallen und ich kann es mit gutem Gewissen allen Jugentlichen zwischen 12 und 92 als Bettlektüre für die kalte Jahreszeit empfehlen.

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Satire

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Weitere Expertisen zum Thema Experten:

Posted by bobsmile in nachdenksachen, 3 comments

Impressionen von der Auszeit I

Oha, kaum nimmt man sich eine kleine (Internet-) Auszeit, schon wird in den Blogghütten (z.B. bei Frau Zappadong oder BodeständiX) fleissig umgebaut, dass einem die Augen vor Neid tränen, Obama bekommt den Nobelpreis für … ja für was eigentlich, die Libyenaufenthalter sind wieder, nein immer noch in Lybien, und der Winter kündigt sich mit Tief und Nass und Kälte an.

Doch die knapp zwei Wochen ohne Netz waren sehr erholsam.
Erste Eindrücke:

Tagesausflug mit der Bahn:  Bern – Genf – Visp – Bern

So sieht’s aus, wenn ein Schiff einen Hydrant rammt.

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Und Genf muss irgend etwas mit Uhren zu tun haben.

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Wo in Bern der Mangel an Parkplätzen für Velos herrscht, so fehlt in Genf mehr so der Platz für die Yuppie-Bikes.

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Wenn man wie Karl II. von Braunschweig der Stadt Genf sein Vermögen vermacht, kriegt man so ein schönes Grabdingens.

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Rückreise über Visp. Der Bahnhof ist irgendwie cool geworden.

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Diese Inschrift am Bahnhofsplatz gibt ganz schön Rätsel auf.
In einer ruhigen Stunde werde ich mir wohl mal die Mühe machen, das ganze zu entschlüsseln:

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Hier hat Ali Kebap mal klein angefangen, jetzt besitzt er bereits in Genf Hotels. 😉

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Posted by bobsmile in reisesachen, 4 comments