Was unternimmt ein Berner Grossrat, wenn …

… ihn die Ungewissheit über einen Geschäftsablauf im Gesundheitswesen plagt, er aber keine Lust hat keine Zeit fand, bei den betroffenen Stellen direkt nachzufragen?

Er generiert einen parlamentarischen Vorstoss zum Thema „Wer ist der Nutzniesser, wenn jemand Blut spendet?

Gestern war im 20min Pendlerblatt diese Randnotiz zu lesen:

Und heute hatte ich meinen Plasma-Spendethermin im Apheresezentrum der Insel Bern, wo mir eine völlig aufgebrachte Spendenhelferin ihren ganzen Frust über diesen polemischen Artikel im 20min mitteilte:“Wenn der wüsste, wieviel Gutes mit diesem Blut erreicht werden kann.“

Im Moment hat es nämlich gesamtschweizerisch nicht genug  Thrombozyten (Blutplättchen, zuständig für die Blutgerinnung) für Herzoperationen und Chemotherapien von Leukämie erkrankten Patienten, so dass die Ärzte sich zum Teil sogar entscheiden müssen, wer gespendete Thrombozyten erhält und wer noch warten kann/muss. (sic!)

Da ich für die Thrombozytenspende geeignet bin, sagte ich spontan zu, statt nur Plasma zu spenden (45 min.),  1 Stunde länger zu bleiben und auch ein paar Thrombozyten da zu lassen. 😉

Doch zurück zum eigentlichen Thema:

Andreas Hofmann, pensionierter Gymniasial Lehrer (67), seit 1998 für die SP im Bernischen Grossen Rat, hat also seit langem ein ungutes Gefühl, was denn mit dem gespendeten Blut alles so angestellt wird und spendet darum seit längerem kein Blut mehr.
Schauen wir uns also seinen Vorstoss (hier das offizielle öffentliche Dokument) etwas genauer an:

Vorstoss-Nr:  110-2011
Vorstossart:  Interpellation

Eingereicht am:  28.03.2011

Eingereicht von:  Hofmann (Bern)

Weitere Unterschriften:  0

Dringlichkeit:

Datum Beantwortung:
RRB-Nr:
Direktion:  .

Wer ist der Nutzniesser, wenn jemand Blut spendet?

Ich habe in meinem Leben sehr viel Blut gespendet. Von kleinen Irritationen, wie etwa feh-
lenden Veloparkplätzen beim Blutspendezentrum, liess ich mich nicht abschrecken.
[…]

Moment mal! Was soll denn jetzt dieser themenfremde Seitenhieb? Also ich bekam sogar einen PW Parkplatz beim Apharesezentrum reserviert.  😉

Im Laufe der Zeit wusste ich immer weniger, was mit meinem gespendeten Blut eigentlich
geschieht. Es war  zwar  immer noch das SRK, das  für die Blutentnahme  zuständig war,
aber sonst war wenig klar.  Ich hatte  immer stärker den Eindruck, dass mit „meinem“ Blut
private Geschäfte getätigt werden.

Aber klar doch, woher sollen sonst die Zutaten für die Medikamente für Bluter kommen? Menschliches Plasma lässt sich nicht künstlich herstellen und wächst auch nicht auf den Bäumen.

Ich habe mal gehört, dass …

„Einspruch, Hörensagen“, rief der Verteidiger. „Stattgegeben“, antwortete der Richter.

… in den USA die Spender/-innen  fürs Blutspenden bezahlt werden,was
allerlei negative Auswirkungen hat.

Genau aus diesem Grund wird den Frischblut-Spendern auch nur eine kleine Entschädigung, meist  in Naturalien entrichtet (Sandwich, Kaffee, Schokoriegel, usw.)

Mir  schien das  schweizerische System mit den Gratisspenden besser.
Es  ist  jedoch möglich, dass die oben festgestellte „Amerikanisierung“
der  Blutverarbeitungswirtschaft  mit  der  Zeit  auch  eine  „Amerikanisierung“  des
Spendewesens  zur  Folge  haben wird. Das wäre  schade.

Also im Klartext, wenn das Blut an Drittfirmen verkauft wird, sollte gefälligst der Spender auch profitieren, das wäre dann aber schade.
Genau aus dem Grund, dass die Qualität des Blutes hoch bleibt, ist die Spende eben freiwillig.

Aber wie ist das nun mit dem Verkauf von Blutprodukten an Gewinnorientierte Unternehmungen?
Gemäss Recherchen von bobsmile.ch wird nur der überschüssige Anteil, den die Spitäler nicht benötigen, an Pharmaunternehmen verkauft. Denn CSl Behring unterhält selber über 70 Plasmaspendezentren, die alle von der Tochtergesellschaft CSL Plasma betrieben werden. Acht von ihnen befinden sich in Deutschland, die anderen in den USA.

Es wird  jedoch  immer  stärker beklagt, dass es bei den Blutspenderinnen und Blutspendern an Nachwuchs fehle.

Deshalb werden momentan auch intensive Kampagnen für die Motivation zur Blutspende geführt.

Wenn man mich davon überzeugen kann, dass Blutspenden  tatsächlich immer noch vollständig der Allgemeinheit zukommen, werde  ich wieder neu mit Blutspenden beginnen. Dazu braucht es jedoch wesentlich mehr Transparenz.

Diese Aussage ist leider falsch, denn hätte Herr Hofmann einen Blick auf die aktuelle Kampagne meinlebendeinblut.ch geworfen, hätte er gesehen, dass man nur zwischen 18 und 60 spenden kann.

Da Herr Hofmann seit mindestens sieben Jahren nicht mehr gespendet hat, frage ich mich: Warum unternimmt er erst jetzt einen parlamentarischen Vorstoss gegen sein „ungutes Gefühl“?

Ich habe die heutige Thrombozytenspende gut überstanden, dafür gab’s

  • 30 Fr. Spesenentschädigung,
  • ein Sandwich,
  • ein Mineralwasser,
  • ein Ragusa,
  • einen Nussgipfel,
  • eine Rolle Traubenzucker
  • und das gute Gefühl, einem anderen Menschen möglicherweise das Leben gerettet zu haben!

Unterstütze auch du die Kampagne Mein Blut Dein Leben, und melde dich zur Spende an.
Geschäftemacher finden sich in jeder gemeinnützigen Branche, aber zu aller erst brauchen die Spitäler jetzt Nachschub an frischem Lebenssaft. 😀

Posted by Bobsmile

4 comments

Na Du hattest aber Hunger! 🙂

Die aufgeworfene Frage ist nicht ganz unberechtigt. Der Blutspendedienst Bern beispielsweise informiert schon relativ umfangreich über seine Aktivitäten via Geschäftsbericht.

Doch wer die Empfänger der verschiedenen Blutprodukte sind, erfährt man nicht. So ist z. B. bekannt, dass unter den regionalen Blutspendediensten auch ein Austausch stattfindet. Wie viel „Berner Blut“ aber nach Zürich, Sion oder Chur gelangt, ist nirgendwo ersichtlich, auch nicht beim Schweizerischen Roten Kreuz. Da herrscht tatsächlich Intransparenz.

Diese fehlende Transparenz ist eine gute Voraussetzung eben für den kommerziellen Verkauf. Das im Auftrag des Bundes mit den Blutspenden beauftragte SKR täte darum gut daran, hierzu mehr Transparenz zu liefern.

@Titus
Zugegeben, vollständige Transparenz herrscht nicht und der parlamentarische Vorstoss hat ja eine gewisse Berechtigung, denn gemäss Entstehungsgeschichte des Blutspendedienstes, gibt es da heute schon einen Spielraum für kommerzielle Aspekte:

Obwohl eigentlich im Auftrag des Bundes handelnd, sind die Bundesbehörden im Blutspendedienst SRK nicht vertreten. Selbstverständlich besteht eine enge Koordination mit den zuständigen Organen der Bundesverwaltung, namentlich dem Bundesamt für Gesundheit und dem Heilmittelinstitut „Swissmedic“. Auch erhält der Blutspendedienst keine Bundessubventionen für seine Tätigkeit: In den Statuten ist festgelegt, dass die Blutprodukte zum Selbstkostenpreis an die Spitäler weiterverkauft werden.
Quelle: http://www.blutspende.ch

Obwohl Non-Profit Organisation, wird über den Verkauf an Firmen nicht gross informiert.

Weshalb habe ich dann trotzdem diesen (zugegeben etwas polemisch gefärbten) Beitrag verfasst?
Ich habe mich einfach über die Argumentation von Herrn Hofmann im 20min und im Vorwort zu seiner Interpellation geärgert.

Henusode, Fakt bleibt, auch wenn die Fragen durch die Regierung beantwortet werden können, Herr Hofmann darf aufgrund seines Alters leider nicht mehr spenden, auch wenn er das gerne möchte.

@ Bobsmile
Ja, das stimme ich Dir zu: Andreas Hofmann ist schon zu lange nicht mehr für die Blutspende zugelassen als dass er nun Grund hätte, quasi den Hintergangenen zu spielen. Das Ganze hat etwas Populistisches – und es ist wohl auch kein Zufall, dass „jemand“ diesen Vorstoss dem 20Min zugesteckt hat…

Die Vorstösse der nationalen Parlamentarier sind bekanntlich nicht besser formuliert, was ich auch bereits schon einmal beklagte: http://bit.ly/jXKNcB

Ich finde den Vorstoss von Res auch sehr überflüssig und vor allem ist der Regierungsrat der falsche Adressat. Die Frage an sich scheint aber recht viele Leute zu bewegen, auch wenn ich das als aktiver Blutspender nicht recht nachvollziehen kann. Schon während meiner RS, und die liegt nun schon 2 Jahrzehnte zurück, gab es Soldaten, die nicht Blut spenden wollten, weil sie dahinter Geschäftlimacherei vermuteten.

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