StreetView – Hochmodernes Tool versagt, EDÖB Thür ist gefragt

Stichproben mit Googles StreetView in der Wohnortgemeinde von bobsmile zeigen auf: Gut lesbare Fahrzeugkennzeichen, klar erkennbare Gesichter.


Da hat das von Google als „hoch modernes Tool“ angekündigte Anonymisierungssystem leider total versagt.
Ein Fall für den eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB), Hanspeter Thür?

Google behauptet, es sei ja alles mit dem EDÖB Hanspeter Thür abgesprochen, der sich seinerseits „intensiv“ mit StreetView befasst habe.

Das stimmt, so hat sich Herr Thür im Juni gegen Google durchgesetzt und die Freischaltung von StreetView mit gewissen Auflagen verknüpft:
Bevor der Internetriese auf Schweizer Strassen Bilder für seine Plattform Google Street View schiesst, müssen die Passanten informiert werden.

Und so informiert Google über anstehende Aufnahmen.

1. Ich, der zu informierende Passant, muss aktiv bei Google die Hilfe anklicken.
2. Dann links die Schaltfläche „StreetView FAQ Liste“ anklicken.
3. Dann klicke ich den Menüpunkt „Wo werden in der Schweiz die nächsten Fotoaufnahmen gemacht?“ an.
Dort erfahre ich dann:

„Im Juli und August 2009 beabsichtigen wir, an den unten aufgelisteten Orten Aufnahmen für Street View zu machen.“
[es folgt eine Liste mit Kantonen und Ortschaften]
Bitte beachten Sie, dass sich diese Planungen durch technische und operative Umstände (so z.B. Witterung und Verkehrslage) ändern können „und die Liste aus diesen Gründen unter Umständen auch nicht jederzeit vollständig ist“. In kleineren Orten können von Street View-Fahrzeugen Aufnahmen während der Durchfahrt aufgenommen werden oder wenn diese Orte an die genannten Städte angrenzen. Die Übersicht wird regelmäßig aktualisiert.

Meiner Meinung nach eindeutig ein Verstoss gegen die vom EDÖB auferlegte Informationspflicht.
1. Der Passant muss aktiv ins Internet und bei Google in der Tiefe nachschauen gehen.
2. Bei schönem Wetter darf das Google-Auto auch schon mal etwas weiter in nicht aufgeführte Gebiete fahren als geplant.
3. Schwammige Aussage. (z.B. „regelmässig aktualisiert.“ kann auch alle drei Jahre heissen.)

Und was ist nun mit dem mangelhaften „Blurring“ von Gesichtern und Fahrzeugschildern?

EDÖB Thür legt die Spielregeln in seiner Aussage eindeutig fest:

«Sollte es in Einzelfällen vorkommen, dass die Anonymisierung nicht ausreicht, legt der EDÖB Wert darauf, dass Google unverzüglich handelt und Anonymität herstellt»

Google bietet dazu eine (schlecht sichtbare) Schaltfläche am unteren Bildrand um schlecht anonymisierte Bilder melden zu können.

«Sollte er [der Anonymisierungsprozess] erhebliche Mängel aufweisen, wird der EDÖB selbstverständlich die erforderlichen Massnahmen ergreifen, um den Datenschutz sicherzustellen.»

Man darf gespannt sein, ob Schiedsrichter Thür auf Einhaltung der Spielregeln pocht und Google die gelbe Karte zeigt.

Ich werde auf jeden Fall mal ein paar Bilder*) nur ein Bild melden und schauen, ob Google „unverzüglich (=sofort!) handelt und die Anonymität wieder herstellt.

[ *) Update (Danke Titus) 🙂 : Warum die ganze Arbeit, und damit die Verantwortung von Google abnehmen? Den Rest sende ich direkt dem EDÖB. ]

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Posted by bobsmile

0 comments

Ja dieses «Wo ist Google gerade unterwegs» hatte ich mir auch angeschaut und konnte nur den Kopf schütteln und zwar aus zwei Gründen:

1) So wie ich unser heutiges Datenschutzgesetz verstehe, soll damit bezweckt werden, den Betroffenen die Wahl zu geben, ob sie sich dem «Risiko» einer möglichen Aufnahme (mit evtl. nachträglicher Beanstandung) aussetzen wollen oder nicht. Doch diese Angaben sind – wie Du es schon angetönt hast – unglaublich ungenau, sodass sie so gut wir gar nichts bringen.

Kommt noch hinzu, dass ich mich ja eigentlich auf öffentlichem Grund befinde – und soll mir dann selbst meine Bewegungsfreiheit einschränkten? Aber hallo, wo sind wir denn da?

2) Ich hatte in meiner Bloghütte von «Internet damaged» gesprochen: Ich halte es schlichtweg für eine Zumutung, dass sowohl der 5-Jährige wie auch der 82-Jährige sich bei Google – und nur bei Google – kundig machen soll. Was auf öffentlichem Grund geschieht, gehört hierzulande ins jeweilige Amtsblatt, welches allen zugänglich ist, egal ob sie nun einen Internet-Anschluss haben oder nicht…

Nana, das hochmoderne Tool funktioniert doch bestens 😉
Der Bäcker von Frieswil wurde doch fachmännisch anonymisiert.

Bäckersmann in Frieswil

Nicht nur Bäcker werden manchmal fachmännisch anonymisiert, manchmal sind es auch nur Büsche oder ähnliches.

Übrigens, nur so ein Gedanke: Um Gesichter anonymisieren zu können, muss diese Technologie im Stande sein, Gesichter und/oder Gesichtszüge zu erkennen…

Anscheinend macht der EDÖB ernst. Ok mehr als 300 Einsprachen kann man nicht ignorieren.
Da nützt Google auch nicht eine funktionierender „Wiederherstellung der Anonymität“ – Prozess, wie bobsmiles Meldungs-Test mit dem ersten Bild oben links beweist.

Verpixelter Kopf nach Meldung an Google.

Da hat Google wohl zu hoch gepokert. Die Auflagen wurden nicht erfüllt, also runter vom Netz, Punkt.

Schon markant, der Unterschied zwischen automatischer und manueller «Verpixelung»…

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